Vom Mechatroniker zum Finfluencer: Wie sich Eric Marschall sein Investoren-Mindset angeeignet hat

Eric Marschall hat eigentlich etwas ganz anderes gelernt und ist jetzt Finfluencer. Im Interview erzählt er, wie er seine Faszination für Finanzen gefunden hat und weshalb es ihn motiviert, sein Wissen weiterzugeben.

Eric, Du hast Mechatroniker gelernt und dich in einem Studium tiefer mit Technischer Physik auseinandergesetzt. Heute bist du Finanzblogger, Anlege-Experte und bei Fintool aktiv, einer Lernvideo–Plattform für Finanzfragen. Dafür musstest du viele neue Fähigkeiten dazulernen. Wie konntest du all das – Beruf, Studium und Nebenbeschäftigung – vereinbaren?

Ich hege ein intrinsisches Interesse, zu lernen und zu wachsen. Ich verspüre immer wieder den Drang, mich weiterzubilden und Neues zu erlernen. Wenn ich auf ein Problem stosse, bilde ich mich weiter, um es effizient zu lösen. Dieser Durst nach Neuem ist vielleicht nicht nur eine Stärke. Es heisst nämlich auch, dass wenn ich zu lange immer dasselbe machen muss, es mir schnell langweilig wird. 

Sobald ich mit repetitiven Dingen konfrontiert bin, versuche ich, sie zu automatisieren. Auch wenn ich mit meiner ursprünglichen Ausbildung schon lange nichts mehr zu tun habe, habe ich immer noch eine technische Art zu denken. Ich habe Freude daran, Abläufe zu vereinfachen und mir den Alltag damit leichter zu machen. Die gesparte Zeit nutze ich, um wieder neue Dinge zu entdecken und zu lernen. 

Würdest du sagen, dass deine ursprüngliche Ausbildung dich mit dem richtigen Mindset ausgestattet hat, um dich mit Anlegen und Finanzen auseinanderzusetzen? Oder musstest du eher lernen, umzudenken?

Wenn ich jemandem erzähle, vor allem in der Finanzwelt, dass ich Technische Physik studiert habe, ist die Reaktion oft «Wow, Physik, der Mann muss wissen, wie man mit Zahlen umgeht.» Tatsächlich gibt es auch viele Physiker, die in der Finanzwelt arbeiten. Aber ich würde sagen, rein mathematisch bringt mir das heute wenig. Auf dem Level, auf dem ich mich bewege, sind die Finanzen nicht so komplex, dass man da als Privatinvestor grosse Formeln aufstellen müsste. Nein, rein vom Inhalt her hat das Studium nicht viel geholfen, würde ich sagen. Vielmehr ist es das Hinsetzen und sich durch komplexe Texte durchzuarbeiten, eine Fähigkeit, die man sich wahrscheinlich in jeder Art des Studiums aneignet. Das Investoren-Mindset habe ich mir privat, vor allem durch Bücher, beigebracht. 

«Egal ob man es möchte oder nicht, für jeden Mensch auf der Welt ist Geld in irgendeiner Form relevant. Wenn ich mich um mein Geld kümmere, dann wird sich das Geld auch irgendwann einmal um mich kümmern.»

Eric Marschall

Du erwähntest in einem anderen Interview, dass dir das Buch «Rich Dad, Poor Dad» die Tür in die Finanzwelt geöffnet hat. Was genau fasziniert dich so an dem Thema, dass du dich entschlossen hast, dich tiefgründig damit auseinanderzusetzen?

Das Buch handelt von vielen interessanten Erkenntnissen. Was meine Augen aber geöffnet hat, ist die Entkopplung des Einkommens von der eigenen Arbeitszeit. Ich bin ganz klassisch aufgewachsen, ich habe mit 16 Jahren die Lehre gemacht und ganz normal angefangen zu arbeiten. Durch das Buch realisierte ich: Wenn ich mich selbständig mache, kann ich noch mehr verdienen, als als Angestellter. Wenn ich Unternehmer bin, dann können andere oder Systeme für mich arbeiten. Das heisst: mein Einkommen ist von meiner Arbeitszeit entkoppelt. 

Ich muss aber nicht zwingend Unternehmer werden, um das zu erreichen. Auch als Investor entkoppelt man das Einkommen von der Arbeitszeit. Wenn ich mein Geld investiere, dann arbeitet auch das Geld irgendwann für mich. Und das finde ich ziemlich spannend. Mich fasziniert, was einem Geld im Leben ermöglicht. Egal ob man es möchte oder nicht, für jeden Mensch auf der Welt ist Geld in irgendeiner Form relevant. Wenn ich mich um mein Geld kümmere, dann wird sich das Geld auch irgendwann einmal um mich kümmern. Für mich ist es eine Form von Energie und Freiheit.

Die Idee zu deinem Blog Schwiizerfranke hattest du, als du realisierst, dass es in der Schweiz im Vergleich zu Deutschland an derartigen Angeboten fehlte. Du bist in Deutschland aufgewachsen. Denkst du, dass in Deutschland mehr über das Thema Anlegen und Finanzen gesprochen wird, als in der Schweiz?

Es ist schwierig, das zu beurteilen. Das hängt ja immer vom Umfeld ab. Hier in der Schweiz bewege ich mich eher in einem akademischen und finanziellen Umfeld als früher in Deutschland. Aber um die Frage zu beantworten: nach meinem Gespür würde ich eher das Gegenteil behaupten, also dass man in der Schweiz mehr über solche Themen spricht. In Deutschland ist es eher das Sparen, das die Menschen beschäftigt, während man sich hier fragt, wie man das eigene Einkommen erhöhen kann. 

In deinem Blog findet man die «Finanzroute» als Wegweiser für Anfänger beim Anlegen. Was ist damit genau gemeint?

Die Idee für die Finanzroute ist sehr früh entstanden. Ich habe sie aus dem Grund geschrieben, weil ich gemerkt habe, dass sich Leser schnell in einem Blog verlieren und nicht genau wissen, wo sie nun starten sollen. Es hilft ihnen, wenn sie sich irgendwo orientieren können. Konkret geht es darum, dass wir alle über unseren Lebensweg hinweg verschiedenen Finanzfragen begegnen. Und wir können sie entweder frühzeitig angehen, oder wir ignorieren sie und bezahlen dann irgendwann mal die Rechnung dafür. Mein Leitfaden soll dabei helfen, sich frühzeitig auf solche Fragen vorzubereiten.

Der zweite Schritt der Route – Finanzwissen erlangen – ist oft einfacher gesagt, als getan. Wie geht man dafür am besten vor, vor allem wenn die Zeit knapp ist?

Wenn die Zeit knapp ist, würde ich das Projekt Finanzen in kleinere Häppchen unterteilen und diese nach Relevanz sortieren. Ich bin ein Fan davon, die Dinge zu verschlanken. Dabei sollte man sich auf diejenigen Themen fokussieren, die den grössten Einfluss auf die eigene finanzielle Lage haben. 

Meist ist der erste Schritt, die Einnahmen und Ausgaben im Griff zu haben. Dann kann ich, wenn ich meinen Notgroschen beiseite gelegt habe, überlegen, wie ich meine Vorsorge angehen möchte. Zum Beispiel im 3a-Bereich, da ich so Steuern sparen kann und es sich mit sehr wenig Aufwand umsetzen lässt. Parallel dazu, wenn ich möchte, kann ich auch sehr einfach mit einem Robo Advisor oder einem einfachen ETF-Sparplan mit wenig Zeitaufwand meine Investments angehen.

Wie hast Du denn Deine persönliche Säule 3a geplant ?

Ich habe meine Säule 3a zu 100 Prozent in Wertschriftendepots angelegt, also nicht in Versicherungen und nicht auf einem Bankkonto. Ich baue meine Vorsorge auch gesplittet auf, also auf mehrere 3a-Konten verteilt, damit ich sie später gestaffelt beziehen kann.

Wenn es zur Vorsorge kommt, sind manche skeptisch, da man ja das Geld auch jetzt ausgeben und das Leben geniessen könnte. Kann man Anlegen und das Geniessen vereinbaren, oder schliesst das eine das andere aus?

Vorab: Ich bin kein Frugalist. Frugalismus bedeutet ein bescheidenes Leben zu führen. Ich geniesse mein Leben – auch regelmässig mit grösseren Ausgaben. Ich weiss aber, dass ein temporärer Verzicht auf unnötigen Konsum es ermöglicht, langfristig mehr geniessen zu können. 

Ein Tipp, den ich von Rami Sethi, dem Autor von «I will teach you to be rich» gehört habe, lautet: «Spare dort, wo es dir wenig Freude bereitet und gebe dort, wo es dir viel Freude bereitet, überproportional viel Geld aus.» Was heisst das? Der Mensch tendiert dazu, sich zu vergleichen und Geld auszugeben, wie es andere im Umfeld machen. Mir persönlich ist zum Beispiel Designerkleidung nicht wichtig, deswegen macht es keinen Sinn, dass ich viel Geld dafür ausgebe. Wenn dir zum Beispiel gutes Essen viel bedeutet, dann spare ich doch lieber bei den Kleidern und gebe Geld für gute Restaurants aus. 

Neben deinem Blog, wirkst du auch bei Fintool mit. Was ist Fintool? 

Fintool ist die grösste Video-Finanzausbildungsplattform in der Schweiz. Die Nutzer finden dort mittlerweile bald 1'000 Einzelvideos, aber auch Finanzkurse und Bücher. Bei Fintool werden vor allem Privatpersonen ausgebildet, aber auch Mitarbeiter von Banken und Versicherungen, also Menschen aus der Finanzbranche.

Zum Schluss: Weshalb ist es dir wichtig, Finanzwissen weiterzugeben?

In der Finanzwelt ist es leider oft noch so, dass Wissen oft zu kompliziert dargestellt wird. Das will ich für meine Leser einfacher machen. Es motiviert mich, andere Leute dazu zu befähigen, mit wenig Aufwand viel zu verändern. Man muss nämlich nicht seine ganze Freizeit mit diesem Thema verbringen, sondern erzielt schon mit geringem Aufwand einen grossen «Return on Investment» – wie es in der Fachsprache so schön heisst. 

Ich erhalte viel tolles Feedback von Leserinnen und Lesern meines Blogs. Geschichten, die mich inspirieren, von Familien, die plötzlich ihr Geld besser im Griff haben. Oder von Personen, die im Kryptowährungsbereich fast auf einen Betrug reingefallen wären, den Schwindel aber dank meinen Blogbeiträgen erkannt haben. Oder einfach von Menschen, die ich mit meinen Inhalten dazu motivieren konnte, sich endlich mal um ihre Finanzen und Vorsorge zu kümmern. 

Danke!

Eric Marschall, ehemaliger Ingenieur, ist nun Finanzblogger und zertifizierter Vermögensberater. Er gründete 2019 Schwiizerfranke, eine Plattform für finanzielle Bildung, die Schweizer Investor:innen mit hochwertigem Inhalt und praxisnahen Tipps unterstützt.