
Warum wir über Greenwashing reden müssen
Während die Konsumgüterbranche seit Jahren für Greenwashing in der Kritik steht, ist die Finanzwelt davon verschont geblieben. Bis jetzt. Nicht umsonst wurde Greenwashing zum Schweizer Finanzwort des Jahres 2021 gekürt. Weshalb ich in diesem Beitrag der Frage nachgehe, wie man nachhaltig investiert und was es dabei zu beachten gilt.
Es ist gut ein Jahr her, seit der amerikanische Sonnenstaat Texas von einer arktischen Kaltwetterfront heimgesucht wurde, die das Thermometer auf minus 39 Grad hat sinken lassen. Das hat zu Stromausfällen geführt, weshalb damals der Katastrophenfall ausgerufen worden ist. Ähnlich sieht es gerade in Argentinien aus: Der südamerikanische Staat hat wetterbedingt auch mit Stromausfällen zu kämpfen. Statt zu frieren, melden die Anwohner Hitzerekorde. In der Hauptstadt Buenos Aires etwa, wurden diesen Monat über 40 Grad Celsius gemessen. Argentinien war damit vorübergehend einer der wortwörtlich heissesten Orte unseres Planeten.
Und was passiert in der Schweiz? Ich erinnere mich noch, wie ich jeweils als kleiner Pfupf in den Wintermonaten im Hochschnee verstecken spielte. Und zwar im Flachland. Dieses Jahr und letzten Winter gab’s bis auf kleinste Puderzucker-Schneefälle: Nada. Natürlich, im Gegensatz zu Texas oder Buenos Aires ist das Klagen auf höchstem Niveau. Trotzdem: Der Klimawandel ist definitiv nicht mehr zu leugnen (looking at you, Donald Trump, Xi Jining und Narendra Modi, ihr narzisstischen Idioten!).
Was hat der Klimawandel mit Finanzen zu tun?
Sie fragen sich nun bestimmt, warum ich als Finanzbloggerin über Klimakatastrophen schreibe. Bitte schön: Während die Konsumgüterbranche nämlich schon länger versucht auf Bio und zu machen (hallo, Greenwashing), stiess das Thema Nachhaltigkeit und damit auch der Schutz der Umwelt bei Investoren kaum auf Nachfrage. Dann kam Covid-19:
«Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist der Anspruch nach mehr Nachhaltigkeit in allen unseren Lebensbereichen massiv gestiegen – auch in der Finanzbranche, wo es heute mehr denn je darauf ankommt, dass Vermögenswerte nachhaltig verwaltet und investiert werden. Massstab dafür sind die ESG-Kriterien. Sie stehen für die Begriffe Environment (Umwelt) Social (Soziales) und Governance (gute Unternehmensführung). Sie gelten als Indikatoren dafür, wie Finanzinstitute ihre nachhaltige Anlagetätigkeit definieren und in ihren Investmentprodukten umsetzen. Einen branchenweiten Standard gibt es allerdings (noch) nicht.», so auf finews.ch zu lesen.
Wie geht nachhaltig investieren? Also: IRL?
Ich sehe nun schon diverse White Old Men vor meinem geistigen Auge aufstöhnen. Von wegen: Nachhaltiges Investment ist vor allem Frauensache, wenn Frau denn überhaupt was von Finanzen versteht. Klar, denn gemäss Sheconomy sind der Gender Pay Gap und die höhere Lebenserwartung Gründe, warum Frauen nachhaltiger mit ihrem Geld umgehen. «Wenn investiert wird, dann nachhaltig und am liebsten in Fonds …», so die Plattform.
Aber genau bei so genannten nachhaltigen Fonds ist Vorsicht geboten. Oder wie finews.ch schreibt: «Noch nie wurden so viele nachhaltige Anlagemöglichkeiten lanciert wie 2021. Doch jeder Megatrend hat auch seine Schattenseiten: In diesem Zusammenhang kommt der Begriff Greenwashing ins Spiel. Greenwashing ist Etikettenschwindel in der Hochfinanz. Und zwar dann, wenn sich herausstellt, dass ein Finanzprodukt nicht den angegebenen Nachhaltigkeitskriterien entspricht, also «grüner» angepriesen wird als es effektiv ist.»
Natürlich, wenn mir mein Bambam aka mein Lebenspartner oder meine Finanz-Schätzis sagen, diese oder jene Anlage sei nachhaltig, glaube ich ihnen. Naiv? Vielleicht. Das heisst aber nicht, dass ich völlig blauäugig ruminvestiere. Au contraire! Denn gerade eben mein Bambam und meine Finanz-Schätzis haben mir Tipps gegeben, wie nachhaltig investieren «in real life» geht.
Die Checkliste für nachhaltiges Anlegen
- Gleich mal vorweg die Gretchen-Frage: Was erwarten Sie von einer nachhaltigen Anlage? Geht es Ihnen um die Klimaziele von Paris (Beschränkung der Erderwärmung auf 1,5 Grad)? Oder ist Ihnen wichtiger, wie ein Unternehmen mit seinen Mitarbeiter/innen umgeht? Oder wie sich Firmen für soziale Anliegen einsetzen? Oder etwa alles in einem?
- Haben Sie die obigen Fragen für sich geklärt, geht es darum, die Anlage auf Herz und Nieren zu prüfen. Oder anders gesagt: Echte, nachhaltige Anlagen verfügen über ein so genanntes ESG-Rating (den Begriff erläutert Adriano Lucatelli hier und ich habe ihn dank finews.ch auch bereits weiter oben in diesem Beitrag erklärt). Hat eine Anlage jedoch kein ESG im Produktnahmen, müssen Sie aufpassen.
- Fact Sheets der Produkte anschauen. Dort muss im Detail beschrieben sein, wie nachhaltig die jeweiligen Finanzprodukte sind oder welches Unternehmen dahinter steckt.
- Noch mehr Infos finden sich im Geschäftsbericht der jeweiligen Unternehmen. Ich weiss, spannende Lektüre geht anders, ist aber ein Must, wenn Sie nachhaltig investieren wollen.
- Schon mal was von passiven Anlagen wie ETFs gehört? Das sind Indexfonds, die an der Börse gekauft werden und auch nachhaltig sein können. ETFs sind aber grundsätzlich eher weniger nachhaltig als aktive Anlagen.
- Apropos aktive Anlagen. Meine Finanz-Schätzis erklären diese wie folgt: Aktiv heisst, man wählt gezielt gute Aktien aus oder exkludiert böse, ähm, schlechte Aktien. Von Ems Chemie zum Beispiel.
- Quetschen Sie Ihren Vermögensverwalter (fast) bis aufs Blut aus. Denn, je deutlicher Sie Ihre Vorstellungen bezüglich Nachhaltigkeit formulieren, umso grösser auch die Chance, dass die angebotenen Produkte einigermassen den Erwartungen entsprechen. Gezielt und wie ein Bluthund nachfragen, lohnt sich.
Ich habe fertig. For now.